Kunstwerk aus der Zukunft

Kunstwerk aus der Zukunft

by Tamás Fogarasy

In dieser Aufgabe werden die Studierenden dazu aufgefordert, Geschichten über ein Kunstwerk „aus der Zukunft“ zu erzählen. Sie sollen eine Narration entwickeln, die das Zeitalter und die Gesellschaft, in denen das Kunstwerk entsteht/entstehen wird, sowie die kunstschaffende Person dahinter im Detail beschreiben. Dies regt die Fantasie der Studierenden an, stärkt ihre Vorstellungskraft und ermöglicht eine kritische Diskussion über die Beschaffenheit zeitgenössischer und möglicher/wahrscheinlicher zukünftiger Gesellschaften.

Diese Aufgabe ermutigt Studierende, soziale Spannungen zu erforschen, gesellschaftskritische Narrative zu formulieren und sich fokussiert in spezifische menschliche Schicksale hineinzufühlen. Die Studierenden untersuchen die sozio-kulturellen Aspekte der Kunstwerke, die jeweils von ihren Mitstudierenden oder der Lehrperson „erschaffen“ wurden und die sie einander präsentieren, entlang eines angeleiteten Analyseprozesses.
Die nicht-existenten, zukünftigen Artefakte bringen diese Themen an die Oberfläche und initiieren eine kritische Diskussion unter den Studierenden. Die Teilnehmenden können alternative Zukunftsversionen hinsichtlich Kunst-Trends diskutieren, eingebettet in kulturelle, sozioökonomische und kunsthistorische Kontexte.
Es liegt in der Natur dieser Aufgabenstellung, dass sie sowohl ernsthaft als auch humorvoll vonstattengehen kann, da in der Fiktion alle Macht der Vorstellungskraft zukommt. Infolgedessen gibt es auch keine „richtige“ Lösung; trotzdem können besonders kreative Ideen belohnt werden, etwa in der Form einer Abstimmung darüber, welche der fiktiven Kunstwerke den Studierenden am besten gefallen. Der theoretische Hintergrund dieser Aufgabe steht in loser Verbindung zum Forschungsbereich des Spekulativen Designs, besonders dahingehend, dass Designschaffende verschiedene soziale Zukunftsaussichten entwerfen.

  • Die Lehrperson entscheidet im Voraus, ob sie selbst ein oder mehrere „Kunstwerke“ (Bilder, Videos, Audiomaterial) erstellt oder generiert, oder dies den Studierenden überlässt (was die Aufgabe länger dauern lässt). Nachdem diese Kunstwerke als solche nicht existieren, sucht die Lehrperson entweder online nach Material (etwa unbekannte Arbeiten, zufällige Fotos oder futuristische Objekte) oder verwendet Artbreeder, WOMBO Dream oder andere Online-Tools um Kunstwerke zu generieren.
  • Die Studierenden bilden Zweier- oder Dreiergruppen.
  • Die Lehrperson erklärt, dass die Studierenden in den folgenden Minuten ein/mehrere Kunstwerk/e analysieren werden, die aus der Zukunft stammen, jedoch irgendwie im Heute erschienen sind.
  • Die Studierenden denken über die Absichten der kunstschaffenden Person(en) und den sozio-kulturellen Kontext des Kunstwerks nach, ohne jegliche Hinweise darauf zu bekommen. (Es bleibt der Lehrperson überlassen, wie dies genau ablaufen soll.) Die Lehrperson sollte keine Lösungsvorschläge oder zu viel Kontext preisgeben, sodass die Studierenden ganz eigene Ideen formulieren können, ohne zu sehr beeinflusst zu werden (bewusst oder unbewusst).
  • (optional) Die Studierenden erstellen futuristische Kunstwerke (etwa aus 2080 bis 2100 datiert), zum Beispiel, indem sie Montagen anfertigen, mittels Bildbearbeitungs- oder Whiteboard-Applikationen. Hierfür können sie zunächst Google oder andere Suchmaschinen nutzen, und dann dort gefundenes Material bearbeiten. Die fertigen Bilder sollten wie Kunstwerke wirken können, eine Art Pseudo-Kunstwerke.
    Noch zuvor könnte die Lehrperson die Studierenden auf Webseiten hinweisen, die mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, um digitale Malereien oder andere Kunstwerk-artige Bilder zu generieren, wie etwa hotpot.ai/art-maker, Artbreeder oder WOMBO Dream.
  • Die Studierenden werden angewiesen, im Stillen (ohne mit den anderen Gruppenmitgliedern zu sprechen) die Kunstwerke zu analysieren, die ihnen präsentiert werden. (eine Minute)
  • Jedes Gruppenmitglied notiert eine Analyse und Gedanken über das Pseudo-Kunstwerk. Dafür gibt es 5 Minuten Zeit. Die Lehrperson könnte Fragen vorbereiten, um die Studierenden zu inspirieren.
    Ideen dafür:

    • Wer könnten diese Urheber:innen der Zukunft sein?
    • Wieso werden sie dieses Kunstwerk erschaffen?
    • Für wen werden diese Kunstwerke gemacht sein?
    • Welcher Kunstsparte könnten diese Kunstwerke zugeordnet werden und warum?
  • Die Studierenden teilen ihre geschriebenen Gedanken mit dem Rest ihrer Gruppe.
  • Die Studierendengruppen formulieren ein spannendes Narrativ über die Pseudo-Kunstwerke und fassen ihre Gedanken präzise auf einem digitalen „Plakat“ zusammen – etwa einem Whiteboard –, und präsentieren so ihre Analyse.
    Alternativ könnte die Lehrperson ihnen die Aufgabe stellen, eine Reihe an Kunstwerken zu „erschaffen“, die dem vorgezeigten ähneln oder es inhaltlich ergänzen können. Dies kann visuell, schriftlich oder auditiv erfolgen, je nach Ziel der Lehrperson.
  • Die Lehrperson sollte während – oder, noch besser, nach – jeder Präsentation eine komplexe Diskussion auf Basis des Gezeigten und Gesagten ermöglichen, mit Fokus auf Gesellschaftskritik. Die Debatte sollte lebhaft sein und optimistische oder dystopische Welten sowie die Rolle von Kunstschaffenden darin behandeln. Ziel ist es, logische Verbindungen zwischen der Gegenwart und der vorgestellten Zukunft zu schaffen.
  • Am Ende sollte die Lehrperson Zeit für Feedback zur Verfügung stellen.
  • (optional) Punktewertung: Jede:r Teilnehmer:in bekommt drei Punkte auf dem Whiteboard. Sie bewerten jene Aspekte der Präsentationen, die ihnen am besten gefielen. Basierend auf allen Stimmen, wird offensichtlich, was die Highlights der Einheit waren. Die Lehrperson kann die Ergebnisse der Abstimmung reflektieren, um das Engagement in Zukunft noch zu verbessern.
Auf einem grau-lila Aquarell-Hintergrund sind drei Elemente skizziert. Ein Kalender mit der Jahreszahl „20XX“ links unten, ein Blatt Papier mit einem großen, schwarzen Fragezeichen in der rechten unteren Ecke und ein kugelförmiges Objekt, das Krater und Ausbuchtungen sowie ein in einem Viereck befindliches „X“ auf der Oberfläche hat. Im Objekt stecken außerdem ein Nagel, ein Pin und eine Schraube, er scheint zu strahlen, da um ihn herum Ereignislinien gezeichnet sind.
Artwork from the Future

Artwork from the future @ 2021 by Tamás Fogarasy is marked with CC0 1.0 Universal

Tamás Fogarasy, Moholy-Nagy University of Art and Design (MOME), Budapest

Author’s Encouragement
Eine schnelle und kreative Aufgabe, die in jedem Setting verwendet werden kann, in dem Sinne, dass sie nicht zu viel kunstgeschichtliches/künstlerisches Vorwissen erfordert.
Die Aufgabe fördert kreatives Denken, stärkt die Vorstellungskraft und die Kritikfähigkeit der Studierenden, indem diese zu Diskussionen über soziale Strukturen und Hierarchien ermutigt werden.

Prior Knowledge and Preparation
Die Lehrperson könnte im Vorfeld „Kunstwerke“ auswählen, Studierende mit möglichst aufregenden, seltsamen oder einzigartigen Objekten etc. konfrontieren, wie auch kontextuelle Hintergründe vorformulieren (wann oder wo das Kunstwerk erschaffen wird etc.).

Accessibility:
Assistance for Learners
Die Aufgabe kann vereinfacht werden, indem die digitalen Prozesse eingeschränkt werden. Die Vorbereitung der Lehrperson kann im Vorfeld erfolgen, die Whiteboard-Verwendung ist kein Muss.

Additional Tools