Malen mit Künstlicher Intelligenz

Malen mit Künstlicher Intelligenz

by Andreas Kohli

Kann eine Maschine kreativ sein? Kann sie autonom Bilder erzeugen? Wenn wir Künstliche Intelligenz (KI) als einen facettenreichen Spiegel unserer selbst verstehen, eröffnet dies andere Perspektiven auf die Konzepte von Bewusstsein, Intelligenz und Kreativität.

Zahlreiche Tools bieten gestalterische Interaktionen mit KI-Software an und geben dadurch Einblicke in die Mechanismen und Wertvorstellungen, die den derzeitig verfügbaren KI-Anwendungen zugrunde liegen. Mit diesen Tools können von Hand gezeichnete Skizzen per Mausklick in fotorealistische Bilder verwandelt werden. Zum Beispiel generiert die Software Bilder von Gesichtern oder von Landschaften. Die Tools sind einfach zu bedienen und ermöglichen dennoch eine gewisse Kontrolle über die Ergebnisse und Variationen.

Technisch gesehen verwendet ein neuronales Netzwerk die Handzeichnungen als Bildhinweise und generiert aus den Skizzen fotorealistische Bilder. Diese basieren auf sehr umfangreichen Sammlungen von Beispielbildern.

Mit der Möglichkeit, auf einfache Art gestalterisch mit einer KI zu kooperieren, eröffnen sich experimentelle Möglichkeiten und gleichzeitig können Themen wie Autor:innenschaft und Kreativität reflektiert werden. Zudem zeigt sich schnell, wie bestehende kulturelle und soziale Erwartungen algorithmische Systeme prägen und welche Themenbereiche und Bildwelten durch die KI inkludiert respektive exkludiert werden (Stichworte algorithmische Voreingenommenheit, Algorithmic Bias).

  • Einstieg:
    • Das Thema kann mit einer kurzen Diskussion zu einem mit KI erzeugten Kunstwerk eingeführt werden. Ein gutes Beispiel ist das Bild „Portrait of Edmond de Belamy“ von OBVIOUS Collective. Das Bild wurde 2018 vom Auktionshaus Christie’s für 432.500 US-Dollar versteigert. Die Versteigerung des altertümlich wirkenden Gemäldes zog Fragen zu Autor:innenschaft und Urheberrecht nach sich.
    • Dauer: 10–15 Min.
  • Teil 1: Testen
    • Die Schüler:innen arbeiten in kleinen Gruppen mit einem Tool, das aufgrund von Freihandskizzen fotografische Bilder generiert (Bsp. DeepFaceDrawing für Portraits, GauGAN oder NVIDIA Canvas für Landschaften).
    • Sie zeichnen direkt online oder laden vorher angefertigte Skizzen hoch und testen so die Möglichkeiten des Tools zur Bilderzeugung.
    • Ziele können zum Beispiel sein:
      • möglichst fotorealistische, „fehlerfreie“ Bilder zu generieren;
      • die Extreme auszuloten, Fehler zu provozieren und die Möglichkeiten des Tools zu strapazieren;
      • eine eigene Bildvorstellung zu konkretisieren, zum Beispiel ein Selbstporträt herzustellen.
        Mittels Screenshots werden die Skizzen und Resultate festgehalten.
    • Dauer: 20–30 Minuten
  • Teil 2: Evaluation der Tests
    • Die Schüler:innen diskutieren innerhalb der Gruppe basierend auf ihren Tests die untenstehenden Fragen, machen sich Notizen und belegen ihre Gedanken mit den Screenshots.
    • Ein Fragenkatalog kann folgende Fragen beinhalten:
      • Funktionalität und Usability, Möglichkeiten und Einschränkungen des Tools
      • Wie kann ich das Tool austricksen/hacken/anders nutzen?
      • Systemimmanente Faktoren (wie beeinflussen das Interfacedesign und die vorgegebenen Funktionen meine Erwartungen, mein Handeln, den Arbeitsprozess, das Ergebnis, …)
      • Aus welchen Bildwelten generiert die KI das Bild? Welche Wertvorstellungen liegen diesen Bildwelten zugrunde? Was wird inkludiert, was exkludiert?
      • Ist das Tool für meine eigene Arbeit brauchbar? Was müsste geändert werden, um es brauchbar zu machen?
    • Dauer: 20 Minuten
  • Teil 3: Diskussion
    • Die gesammelten Antworten werden zusammengetragen und im Plenum diskutiert.
    • Folgende Themen können während der Diskussion favorisiert werden:
      • Wer ist Autor:in des Bildes?
      • Welche Wertevorstellungen (Algorithmic Bias) liegen dieser KI zugrunde und wie wird eine KI trainiert?
      • Kann und soll KI Kunst herstellen?
      • Wozu kann ich diese Tools einsetzen? Macht diese Art zu malen Sinn? Sind die Resultate eigenständige Kunstwerke oder dienen sie lediglich als Anregungen?
    • Dauer: ca. 20–40 Minuten
  • Eine fächerübergreifende Zusammenarbeit mit dem Fach Deutsch (zu Chatbots) und dem Fach Musik (zu computergenerierter Musik) bietet sich an.

Literatur und Links:

Weiterführende Links zum Thema Autor:innenschaft:

Weiterführende Links zum Thema Algorithmic Bias:

Weiterführende Links zum Thema Training einer KI:

Das Bild ist zweigeteilt. Links ist eine Zeichnung eines Mannes mit Brille. Rechts davon ist ein von einer AI generiertes Bild, wie ein Passfoto der gezeichneten Person aussehen könnte.
Portrait 1

Portrait 1 © 2022 von Andreas Kohli und DeepFaceDrawing unter der Lizenz CC BY-SA 4.0, Zürcher Hochschule der Künste, Schweiz.

Das Bild ist zweigeteilt. Links ist eine Zeichnung der Außenform eines Gesichtes sowie zwei Augen. Rechts davon ist ein von einer AI generiertes Bild, wie ein Passfoto der gezeichneten Person aussehen könnte.
Portrait 2

Portrait 2 © 2022 von Andreas Kohli und DeepFaceDrawing unter der Lizenz CC BY-SA 4.0, Zürcher Hochschule der Künste, Schweiz.

Andreas Kohli ist Dozent im Departement Kulturanalysen und Vermittlung an der ZHdK – Zürcher Hochschule der Künste. Zudem arbeitet er als Designer in seinem Atelier Belleville.ch.

An der ZHdK lehrt er im Bachelor Art Education und in transdisziplinären Modulen. Seine Interessensgebiete beinhalten die Themen urbane Räume und deren mediale Repräsentation, Kunst und Künstliche Intelligenz, Ökologie, Interkulturalität.
Weitere Themen sind die Entwicklung von Lehrmaterialien und E-Learning-Inhalten.

Er hat zahlreiche Kulturprojekte in Europa, Afrika und Asien initiiert und geleitet und ist Mitglied der Gruppe Shared Campus / Critical Ecologies 生態思 (Link: https://shared-campus.com/themes/#critical-ecologies)

Der Kurs wurde seit 2020 mehrfach mit Studierenden an der ZHdK durchgeführt.

Prior Knowledge and Preparation
Vorheriges Testen der aktuellen Verfügbarkeit der KI-Software durch die Lehrperson, eventuell alternative Tools recherchieren.

Accessibility:
Assistance for Learners
Eine Eingangssequenz mit einer Diskussion über ein mittels KI erzeugtes Kunstwerk sensibilisiert für das Thema und den Kontext.
Anschließend testen die Schüler:innen ein Tool entlang vorgegebener Themen und diskutieren ihre Erkenntnisse im Plenum.

Additional Tools
Browserbasierte Applikationen (Empfehlung: Chrome):